Das Gedankengut Adolph Kolpings in unserer Zeit


Suchen wir nach einer Kurzfassung der Ideen und Gedanken Adolph Kolpings, so brauchen wir wiederum nur in unserer „Haager Kol-pingsgeschichte“ nachzulesen; Herr Dr. Kellner zitiert hier aus alten Quellen:

„Nach den Statuten sind die Ziele und Aufgaben des Kolpingswerks, die Mitglieder zu befähigen, sich als Christen in ihrer Arbeits- und Berufswelt, in Ehe und Familie, und damit in Kirche, Gesellschaft und Staat zu bewähren und an der ständigen Erneuerung der Kirche und Gesellschaft mitzuwirken; sie sollen auch immer bereit sein, den Mitgliedern und den Mitmenschen zu helfen“.

Was da statutengemäß in einem Satz zusammengefaßt ist, klingt viel-leicht in unseren Ohren etwas „geschraubt“; und doch stecken in die-ser kurzen Formulierung genau die Ziele Adolph Kolpings. Und weiterhin beinhalten diese Worte ein Rezept für unsere heutige Gesell-schaft, wie es aktueller gar nicht sein könnte:

Sicherlich ist jeder der Ansicht, daß Ehe und Familie für die Stabilität unserer Gesellschaft eine ganz große Bedeutung haben. Umstritten ist es jedoch teilweise, ob es wichtig ist, sich „als Christ ... zu bewähren“, da gehen die Ansichten vielleicht etwas auseinander. Für uns, die wir uns Christen nennen, ist es sicherlich wichtig, daß sich dieses Christ-Sein weniger im Reden, sondern mehr im Handeln ausdrückt. Und auch die, die das Christentum ablehnen, profitieren stillschweigend von den vielen guten Gedanken und Taten, die in unserer Gesellschaft jeden Tag im Sinne Adolph Kolpings - im Sinne Jesu Christi - ge-schehen. Und so wäre die Idealvorstellung einer guten und gerechten Gesellschaft mit dem gelebten Christentum eines jeden einzelnen be-reits mehr als erfüllt.

Interessanterweise spricht Adolph Kolping auch von der notwendigen „ständigen Erneuerung“ in Kirche und Gesellschaft. Sicherlich ist es gerade für die Kirche nicht empfehlenswert, jeder Strömung des Zeit-geistes zu folgen, sie würde sonst nach 2000 Jahren vermutlich nicht mehr existieren. Dennoch ist es aber wichtig, daß Kirche und Gesell-schaft immer in Bewegung sind, so wie auch die Menschen auf ihrem Weg durch die Zeiten, auf ihrem Weg zu Gott, in Bewegung sind.

Praktisch zusammengefaßt sind die Gedanken im letzten Satz, „den Mitmenschen zu helfen“, das ist genau das, was auch Adolph Kolping mit der Begründung seines Vereins für die damals mittel- und heimatlosen Gesellen im Sinn hatte. Er wußte genau, daß er sich nicht einfach hinstellen und predigen konnte, sondern daß er zuerst den Menschen aus ihrer wirtschaftlichen Not helfen mußte.

In den Kolpingsfamilien haben wir heute Gelegenheit genug, durch Aktionen Menschen zu helfen oder unser Christentum im Handeln zu zeigen. Wichtiger ist es aber noch, wenn aus einer Gemeinschaft gleichgesinnter Jugendlicher wieder Erwachsene Männer und Frauen entwachsen, die ihre Kinder im christlichen Sinne erziehen, die aktiv an der kirchlichen und weltlichen Gesellschaft mitbauen und die bereit sind, anderen Menschen zu helfen. Gelegenheit zum Helfen und mit-bauen im Sinne A. Kolpings gibt es nicht nur in der Kolpingsfamilie, die Gelegenheiten sind zahlreich von der eigenen Familie über Kir-chengemeinde, Pfarrgemeinderat, Chor, Wortgottesdienstleiter, Kin-dergottesdienstgruppen, Kirchenschmuck bis hin zu Gemeinderat und Kommunalpolitik. Die Liste dieser Beispiele läßt sich sicher endlos fortsetzen. Und nimmt man die Idee des Helfens ganz wörtlich, so sind unsere freiwilligen Feuerwehren erste Vertreter dieser christlichen Nächstenliebe.

Alles in allem hatten die Ideen Adolph Kolpings zu jeder Zeit ihre Berechtigung. In der Zeit der Gründung, als die Gesellen wirklich geistliche und wirtschaftliche Nöte hatten, in der Zeit der beiden Weltkriege, als christliche Nächstenliebe und Zivilcourage allerorten notwendig waren, und in der Zeit des Aufbaus, als die meisten Men-schen doch zu wirtschaftlichem Wohlstand kamen.

Und gerade heute haben wir vielleicht wieder eine Zeit erreicht, in der man sich wieder mehr auf gegenseitige Unterstützung und Hilfe be-sinnt und sich nicht immer nur auf staatliche Hilfe verläßt.

So wollen wir auch in Zukunft im Sinne Adolph Kolpings in Kirche, Staat und Gesellschaft mitarbeiten und mitbauen.

Hans Urban

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